In der Welt hoher Leistung und großer Verantwortung ist professionelles Coaching zur Unterstützung von persönlicher Entwicklung und Reife lange schon gang und gäbe. Im Leistungssport, im Management, in der Politik, in den oberen Riegen von Kunst und Kultur.

Seit einiger Zeit landet das professionelle Coaching nun mehr und mehr auch in der Alltagswelt - YESSS! Ein Trend, den ich sehr begrüße. Es gibt für mich nämlich keinen nachvollziehbaren Grund, warum es Coaching nur für "Eliten" geben sollte.

Doch das volle Potenzial von Coaching ist noch lange nicht entfaltet. Der steigenden Zahl von Menschen, die Coaching selbst-bewusst und selbst-verständlich für ihre persönliche Entwicklung, ihr Wohlbefinden, ihre Lebensqualität und auch ihre Psycho-Hygiene nutzen, steht ein großer Anteil von Menschen gegenüber, die bisher kein Coaching nutzen - obwohl sie immer wieder mit dem Gedanken spielen.

Selbstredend geht es mir nicht darum, Menschen Coaching aufzudrücken. Doch die Tatsache, dass Menschen gern Coaching nutzen würden, es jedoch aus den "falschen Gründen" nicht tun oder zu lange aufschieben, möchte ich nicht einfach hinnehmen.

In aller Deutlichkeit: jeder Mensch darf sich die Zeit nehmen, die er braucht, um seine Bedarfe zu spüren, anzuerkennen und sich für professionellen Support zu öffnen. Wer kein Coaching möchte, braucht keines (Ja, das meine ich genau so!). Und sicher brauchen manche Menschen eher Psychotherapie als ein Coaching, oder vielleicht auch zusätzlich.

Mir geht es um die Menschen, die den Bedarf nach Coaching spüren, es aber dennoch nicht nutzen! Und das sind eine Menge. Immer wieder höre ich: "Ach hätte ich gewusst, wie hilfreich Coaching ist, dass ich das einfach so nutzen kann, dass Coachin so funktioniert, dann hätte ich nicht so lange ausgehalten." Bei allem Respekt vor dem eigenen Tempo: es gibt ein zu lange Aushalten! Vor allem, wenn du dabei dein Licht aushältst.

Dem entsprechend geht es mir auch um Menschen, die einen Support-Bedarf haben, aber nicht wissen, dass Coaching die richtige Art von Support für sie sein könnte. Viel zu viele Menschen denken sofort an Therapie, wenn es im Inneren unruhig wird. Und viel zu viele Menschen versuchen sich mit (Online-)Kursen, Instagram-Beiträgen, YouTube Videos und Büchern selbst zu coachen - was nicht funktioniert. Leider oft mit der Konsequenz, das Vertrauen in "Coaching" zu verlieren sowie in sich selbst und die eigene Entwicklungskraft. Nichts gegen Lernen und Selbstreflexion, doch das ist nun einmal kein Coaching.

In meiner Praxis stelle ich fest, dass Menschen oft eine grundlegende Idee davon haben, dass Coaching hilfreich für sie sein könnte - eine konkrete Vorstellung, was Coaching ausmacht, gibt es jedoch in den meisten Fällen nicht. Und immer wieder höre ich nach den ersten Sessions: "Hätte ich nur eher gewusst, dass DAS Coaching ist". Mit DAS meinen sie die hilfreiche Erfahrung, die sie innerhalb der Session und im Verlauf des Prozesses haben.

Weil das "Nicht-Wissen" der selbstbewussten, alltagstauglichen Nutzung von Coaching im Weg steht, möchte ich einem Einblick meine Coaching-Arbeit geben. Im gesamten Magazin geht es deshalb darum, modernes Coaching als Inner Work Dienstleistung tiefergehend vorzustellen. Eine Definition kann das nicht. Dennoch möchte ich mich hier ein einer verdichteten Essenz versuchen:   

Coaching ist...

...eine professionelle Dienstleistung, die Menschen dabei unterstützt, BEWUSST und ZIELORIENTIERT Gedanken, Verhalten und Gefühle zu erkunden, zu klären, zu entwickeln und gestaltend zu nutzen. Dafür nutzt Coaching Methoden und Theorien aus verschiedenen Beratungs- und Psychotherapieschulen - angereichert durch Fachwissen verschiedener weiterer Fachbereiche wie z.B. Sprach- und Kommunikationswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Organisationspsychologie, Philosophie, Pädagogik und Trainingswissenschaften u.v.m. Genuine Coaching-Methoden gibt es wenige - es werden aber mehr.

Aufgrund seiner Herkunft wird Coaching im wissenschaftlichen Kontext als Beratungsform bezeichnet, hat aber kaum etwas mit Rat geben zu tun. Es ist vielmehr ein Dialog (auf Augenhöhe), in dem die/der Coach die/den Coachee methodisch mit Fragen und Feedback (und je nach fachlicher Orientierung körper- und erlebnisorientierenten Methoden) dabei unterstützt, die eigene „Innenwelt“ - mit ihrem Licht und ihrem Schatten und vorbei an blinden Flecken - zu erkunden, zunächst mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in konkrete persönliche Ziele, Strategien, Handlungsansätze für Veränderung und Entwicklung überführt, die dann (oft noch eine Weile begleitet) geschärft und erprobt werden.

Coaching ist dementsprechend ein Prozess - nur gelegentlich wird es punktuell eingesetzt, und auch dann, um Prozesse anzustoßen. Fachwissen z.B. zu psychologischen Themen wird vonseiten der/die Coachinn/es wohldosiert - den Prozess stützend - "vermittelt" (man nennt das Psychoedukation), wenngleich es kontinuierlich angewendet wird.

Coaching hat persönliche Entwicklung zum Ziel, wobei der/die Coachee selbst bestimmt, worauf der Fokus liegen soll. Im Coaching geht es um innere Entwicklung unabhängig von festgelegten Bildungszielen oder Krankheitsbegriffen: Weder Heilung noch der Erwerb von Wissen und Kompetenzen stehen im Vordergrund (sind jedoch oft Teil des Coachingprozesses).

Das macht Coaching zu einer einzigartig freien Dienstleistung für Persönlichkeitsentwicklung und seelische Gesundheit. Es steht für sich und ist weder in das Gesundheitssystem noch das Bildungssystem verwoben. Dadurch können Bildung- und Kompetenzerwerb erleichtert werden, dadurch kann auch Krankheit vergebeugt -  sogar "Heilung" angestoßen werden. Doch vor allem dient sie dem guten Umgang mit der eigenen Innenwelt und deren bewussten Entwicklung.

Da Coaching - sehr vereinfacht ausgedrückt - aus Therapie und (High Performance) Training entstanden ist, ist das aktuelle Verständnis von Coaching umrankt von alten Klischees und Images, die viele Menschen davon abhalten, Coaching zu nutzen.

Drei Images und damit verbundene Annahmen, die Menschen zögern lassen, Coaching zu nutzen, möchte ich hier kurz benennen:

• Coaching sei als Support für Manager:inner und Hochleistungssporler:innen stark mit Top-Performance assoziiert und hat einen elitären Anstrich. Daraus folgt die Annahme: Man müsse "gut" genug für Coaching sein.
• Coaching sei im beruflichen Kontext eine Maßnahme zur Beseitigung von Problemen, Mängeln und Defiziten. Daraus folgt die Annahme: Wer Coaching nutzt, sei "unzureichend".
• Coaching sei - als Life Coaching - die kleinen Schwester der Psychotherapie. Daraus folgt die Annahme: Man müsse, um Coaching nutzen zu dürfen, schwerwiegende Probleme haben oder in eine Krise geraten sein.

Und auch wenn diese Aspekte einige Facette von Coaching abbilden, so werden sie der Bedeutung und dem Leistungsvermögen von modernem Coaching in keiner Weise gerecht. Darum liegt ein Schwerpunkt dieser Reihe darin, die wertvollen und alltagsnahen Dienste, die Coaching als DIENSTleistung erbringt, darzustellen und zugleich auch ausführlich auf Sorgen und Bedenken einzugehen.

Ich möchte, dass Coaching einen festen Platz im Alltag von Menschen hat - unabhängig vom Leistungskontext und nicht nur Krisen. Als frei zugängliche und unabhängige Dienstleistung für Persönlichkeitsentwicklung und seelische Gesundheit ist Coaching für alle da, die es nutzen wollen. Das Wirkungsfeld ist die gesunde Entfaltung der Innenwelt - im Menschen und in Systemen - und damit so breit wie genial.